Arbeitgebermodell – Organisation und Teamführung

Organisation und Teamführung

Autor: Laura Mench
aktualisiert: 09. Februar 2024
veröffentlicht: 27. März 2020
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Arbeitergeberin im Rollstuhl instruiert ihren persönlichen Assistenten

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Einleitung

Die persönliche Assistenz ist eine Möglichkeit selbstbestimmt leben zu können, obwohl der Menschen auf Grund seiner Behinderung (Assistenznehmer) auf Hilfe im Alltag angewiesen ist. Im Arbeitgebermodell übernimmt der Mensch mit Behinderung die Position des Arbeitgebers. Er muss somit die Personalbeschaffung, die Personaladministration, die Planung und Organisation seines Teams übernehmen.

Beitragsübersicht

Wie setzt sich ein Assistenzteam zusammen?

Die Größe eines Assistenzteams hängt von verschiedenen Faktorenab. Ein Faktor ist der Hilfebedarf des Assistenznehmers. Dieser misst sich an den vorhandenen körperlichen Einschränkungen. Ein Assistenznehmer darf nur die Anzahl, der in der Zielvereinbarung vereinbarten Assistenzstunden, in Anspruch nehmen.

Das heißt, wenn in der Zielvereinbarung steht, dass eine Assistenz für 24 Stunden am Tag bewilligt wurde, so muss er das Team so organisieren, dass an jedem Tag 24 Stunden Assistenz gewährleistet werden kann. Wenn in der Zielvereinbarung steht, dass die Assistenz für 20 Stunden die Woche genehmigt wurde, so darf der Mensch mit Behinderung auch nur 20 Stunden in der Woche eine Assistenz beschäftigen.

Ein weiterer Faktor für den Umfang des Assistenzteams ist der Stundenumfang, welcher durch jeden einzelnen Assistenten abgedeckt werden kann. Denn jeder Assistent hat andere Ansprüche an seine Arbeitszeit und nicht jeder möchte Vollzeit arbeiten.

Folgende Stellengrößen sind häufig in der persönlichen Assistenz zu finden:

Bezeichnung Stundenumfang Anmerkungen
Vollzeit 40 Stunden pro Woche Sozialversicherungspflichtig
Teilzeit (50 %) 20 Stunden pro Woche Sozialversicherungspflichtig
Studentische Hilfskraft Maximal 20 Stunden pro Woche Sozialversicherungspflichtig, Maximalstunden dürfen nicht überschritten werden, außer in den Semesterferien
Midijob Je nach Stundenlohn, monatliches Entgelt darf 1300 € nicht überschreiten Sozialversicherungspflichtig

Aus diesen und individuellen Stundenlösungen baut sich der Assistenznehmer sein Team zusammen, bis seine Zielvereinbarung erfüllt ist.

Die meisten Assistenzteams bestehen aus 3-5, maximal 8-9 Assistentinnen und Assistenten. Je nach bewilligtem Stundenumfang und Stellengrößen der Assistentinnen und Assistenten. Es ist immer ratsam, gerade wenn man als Mensch mit Behinderung zwingend auf Assistenz angewiesen ist, eine Reserve an Assistentinnen und Assistenten zu haben. Diese hilft in Spitzenzeiten, wie Urlaub, Krankheit oder Kinderversorgung der Assistentinnen und Assistenten die benötigten Stunden der Unterstützung zu gewährleisten. Wichtig ist, dass diese Reserven in die Zielvereinbarung einkalkuliert werden.

Wie wird ein Assistenzteam geführt?

Jeder Assistenznehmer ist einzigartig. Somit auch sein Führungsstil. Die Aufgaben der Assistentinnen und Assistenten, die Arbeitszeiten und der Arbeitsort wird vom Arbeitgeber, welcher der Assistenznehmer ist, festgelegt.

Eine gute Stimmung, ein kollegiales Miteinander und Achtsamkeit auf einander tragen zum Wohlbefinden der Mitarbeiter bei der Arbeit und im Team bei. Auch wenn immer nur ein Assistent oder eine Assistentin aktiv im Dienst ist, kann ein Teamgefühl gefördert werden. Wer seine Kollegen oder Kolleginnen kennt und ein Verständnis für sie entwickelt hat, ist kompromissbereiter und hilft in der Regel gerne anderen. Dadurch wird der Austausch unter einander gefördert, auch wenn etwas einmal nicht so gut funktioniert oder der Dienst wird getauscht, wenn dem Kollegen oder der Kollegin kurzfristig etwas dazwischenkommt. Bei allem Teamgefühl ist es aber auch wichtig, dass ein gewisses Maß an fester Struktur vorhanden ist. Eine Struktur dieser Art bietet zum Beispiel der Dienstplan.

Der Dienstplan und seine Rolle in der Assistenz

Der Dienstplan ist eine Liste, auf welcher die Arbeitszeiten der Assistentinnen und Assistenten festgelegt wird. Er bietet den Assistentinnen und Assistenten einen festen Plan, wann sie sich zur Arbeit einfinden müssen. Es ist immer gut, wenn der Dienstplan aktuell gehalten wird und jederzeit zur Ansicht bereit liegt oder abgerufen werden kann. Dies kann durch eine ausgedruckte Version im Assistenzzimmer gewährleistet werden oder durch eine in einer Cloud verfügbare Tabellendatei.

Bei einer 24 Stunden Assistenz kann dieser bei der Einhaltung aller arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften zum Beispiel so aussehen:

Datum Frühschicht Spätschicht Nachtschicht Vertretung
1. März Assistent A Assistentin B Assistentin C Assistentin D
2. März Assistentin B Assistentin D Assistentin C Assistent A
3. März Assistent A Assistentin D Assistentin C Assistentin B
... ... ... ... ...

Im Falle dieses Beispiels dauert eine Schicht 8 Stunden. Die Vertretungsschicht gilt für den ganzen Tag und wird angerufen, wenn ein Assistent oder eine Assistentin erkrankt oder anderweitig verhindert ist.

Hinweis:

Viele Assistenznehmer praktizieren Blockdienste oder 24 Stunden Dienste. In der Praxis funktioniert das auch gut, verstößt jedoch gegen das geltende Arbeitszeitgesetz in Deutschland. Im Grunde muss jeder Assistenznehmer selbst entscheiden, wie er mit seinen Assistentinnen und Assistenten arbeiten möchte, es wird jedoch dringend darauf hingewiesen sich an die Regeln und Gesetze zu halten.

Für die Planung und die Absicherung der Versorgung ist es hilfreich, wenn der Dienstplan schon 1 bis 2 Monate im voraus geschrieben wird. Auch Mitarbeiter haben ein Privatleben und benötigen Planungssicherheit. Somit trägt es zur guten Stimmung bei, wenn sich das Assistenzteam rechtzeitig auf die Arbeitssituation einstellen kann.

Regelmäßige Absprachen

Ein Team kann nur funktionieren, wenn jeder weiß, was der Andere tut. Je größer ein Team ist, desto seltener sehen sich die einzelnen Mitarbeiter persönlich. Deshalb kann es hilfreich sein, Meetings mit dem gesamten Team durchzuführen. Empfehlenswert ist es dies mindestens einmal im Monat für 1 Stunde zu machen. Hier werden aktuelle Anliegen besprochen, Konflikte gelöst und Strukturen etabliert.

Auch ein Buch oder eine Liste mit den zu erledigenden Aufgaben und dem Status der Erledigung kann helfen die Arbeit zu organisieren und dem Folgedienst eine Orientierung über die noch zu Themen zu geben.

Hilft dies nicht, so kann eine Ermahnung ausgesprochen werden. Wenn auch diese keine Verbesserung des Verhaltens herbeiführt, kann und sollte eine Abmahnung ausgesprochen werden. Diese sollte unbedingt schriftlich festgehalten und gegengezeichnet werden. Die Abmahnung schafft eine Grundlage für den letzten Schritt, eine Kündigung.

Die Kündigung ist der letzte Schritt. Sie kann vom Arbeitgeber, ebenso ausgesprochen werden, wie vom Arbeitnehmer. Zum Schutz beider Seiten sind im Arbeitsvertrag Kündigungsfristen festgelegt. Diese sind bei der Formulierung der schriftlichen Kündigung unbedingt einzuhalten. Nur dann ist die Kündigung rechtskräftig. Wenn es unzumutbar ist, den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin weiter im Team arbeiten zu lassen, bis die Kündigung in Kraft tritt, so kann eine Freistellung vereinbart werden. Zusätzlich sollte der Mitarbeiter seinen anteiligen Urlaub nehmen. Insofern das aus logistischen Gründen nicht möglich ist, muss der Urlaub ausgezahlt werden. Der Arbeitgeber muss zudem unbedingt die Abrechnungsstelle informieren, sobald die Kündigung das Arbeitsverhältnis ausgesprochen ist, damit dieser richtig abgemeldet werden kann.

Was muss ein Arbeitgeber in
der persönlichen Assistenz noch beachten?

Neben dem Teammanagement ist es wichtig, dass die Kostenträger Nachweise über den richtigen Einsatz des Geldes bekommen. Ein Kostenträger ist die Institution, welche monatlich das Geld für die Löhne der Assistenzkräfte zur Verfügung stellt. Der Grund für die Nachweispflicht ist, dass das persönliches Budget, welches häufig für die persönliche Assistenz eingesetzt wird, zweckgebunden ist. Deshalb muss nachgewiesen werden, dass das Geld nur für die vereinbarten Punkte in der Zielvereinbarung ausgegeben wird.

Jeder Kostenträger arbeitet anders und möchte deshalb die Nachweise in anderer Form sehen. Welche Nachweise der Kostenträger haben möchte, steht meistens in der Zielvereinbarung. Wenn man sich unsicher ist, ist es wichtig, dass man beim Kostenträger nachfragt. Da dieser bei fehlenden oder fehlerhaften Nachweisen das Budget kürzen oder die Zahlung beenden kann.

Zum Führen der Nachweise gibt es gibt folgende Möglichkeiten:

  • Arbeitszeitnachweis/Stundenzettel
  • Pflegedokumentation
  • Freizeitdokumentation
  • Kontoauszüge
  • Abrechnungen
  • Rechnungen

Bei der Nachweiserbringung ist es wichtig, dass die persönlichen Daten der Mitarbeiter immer geschützt sind. Das heißt, dass sie anonymisiert an den Kostenträger weitergeschickt werden müssen. Die Zuordnung der unterschiedlichen Assistenzkräfte kann durch Mitarbeiternummern oder Abkürzungen geschehen. So steht dann in Stundenzetteln bspw. Mitarbeiter 1, Mitarbeiter 2, Mitarbeiter 3 usw.

Als Arbeitgeber in der persönlichen Assistenz hat man Vorteile und Pflichten. Es ist wichtig, dass man alle Optionen gewissenhaft nutzt, um die bestmögliche Versorgung für sich selbst und das bestmögliche Klima im Team zu gewährleisten. Es ist wichtig zu wissen, dass man es trotzdem nicht allen recht machen kann und es immer wieder zu Situationen kommen wird, die einem unangenehm erscheinen, die aber notwendig sind.

Zusammenfassung und Fazit

Zusammengefasst ist das Arbeitgebermodell für Menschen mit Behinderung eine gute Option, ihre persönliche Assistenz zu organisieren. Ein Assistenzteam setzt sich aus mehreren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zusammen und wird durch den Assistenznehmer organisiert. Eine feste Struktur und ein gutes Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist für die Zusammenarbeit in der persönlichen Assistenz sehr wichtig.

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